Fehlender Schulterschluss im jüdisch-christlichen Kulturraum

Von CrisHam, 1. Februar 2024

Es ist ausgeschlossen, den andauernden Hass im Nahostkonflikt wirklich zu verstehen, solange man den Blick auf die Region verengt, denn keineswegs geht es allein um die Auseinandersetzung zwischen Juden und Arabern in Palästina. Genaueren Aufschluss liefern Äußerungen des Vorsitzenden der Arabischen Liga Azzam Pasha aus dem September (1) und Oktober (2) 1947 – im Vorfeld des UN-Teilungsplans, der bürgerkriegsähnliche Gewalt nach sich gezogen hat.

  1. „Nations never concede; they fight… We shall try to defeat you. I am not sure we´ll succeed, but we´ll try. We were able to drive out the Crucaders, but we lost Spain and Persia. It may be that we shall lose Palestine.“ 
  2. „This war will be distinguished … (It) will be impossible to contain the zealous volunteers arriving from all corners of the world to avenge the martyrdom of the Palestine Arabs, and viewing the war as dignifying every Arab and every Muslim throughout the world …“ Referenz https://www.meforum.org/3082/azzam-genocide-threat
  3. Nationen machen keine Zugeständnisse; sie kämpfen… Wir werden versuchen, Euch zu besiegen. Ich bin mir nicht sicher, ob wir Erfolg haben werden, aber wir werden es versuchen. Wir waren in der Lage, die Kreuzfahrer zu vertreiben, aber wir haben Spanien und Persien verloren. Es kann sein, dass wir Palästina verlieren werden.
  4. „Dieser Krieg wird besonders sein… (Es) wird unmöglich sein, die fanatischen Freiwilligen im Zaum zu halten, die aus allen Teilen der Welt anreisen, um das Märtyrertum der palästinensischen Araber zu rächen, und die den Krieg als eine Würde für jeden Araber und jeden Muslim auf der ganzen Welt betrachten.“

 

Die Aussagen Azzam Pashas zeigen, dass dieser den arabischen Widerstand gegen das jüdische Heimatprojekt als Teil einer historischen Rivalität zwischen der islamischen Welt und dem jüdisch-christlichen Kulturraum erkannt hatte. Allerdings war ihm auch klar, dass die kompromisslose Verlagerung der Rivalitätsaustragung auf die militärische Ebene das Risiko einschloss, das heutige Staatsgebiet Israels zu verlieren. - Kurz nachdem das gerade gegründete Israel im Mai 1948 von 6 arabischen Ländern angegriffen wurde, ist dieses Risiko so wie von Azzam befürchtet Realität geworden, da die jüdischen Siedler sich gegen die Übermacht behaupten konnten.

Unter normalen Bedingungen hätte diese Klärung der Kräfterangordnung eine stabile Friedensordnung nach sich gezogen. Doch stattdessen ist eine andauernde Infragestellung des jüdischen Heimatprojekts eingetreten. Als dafür ursächlich lässt sich unsolidarische Positionierung von Kräften innerhalb des jüdisch-christlichen Kulturraums identifizieren. Während hinter den arabischen Bewohnern Palästinas die gesamte arabische Welt stand und steht, darüber hinaus auch die Welt des Islam, wurde Israel keine substanzielle Solidarität seitens der Länder Europas und Nordamerikas zuteil. Während der israelische Alleinsieg von 1948 die haushohe Überlegenheit der technisch führenden freiheitlichen Zivilisation gegenüber der überwiegend autokratischen islamischen Welt bewiesen hatte, wurden damals Entwicklungen in Gang gebracht, welche die eigentlich klare Rangordnung inzwischen auf den Kopf zu stellen drohen.

Eine letzte Warnung, dass die westlichen Nationen mit einem ausufernden Appeasement gegenüber dem islamischen Kulturraum auf einen selbstzerstörerischen Kurs geführt worden sind, erfolgte im Ausgust 2021, als sich das amerikanische Militär aus Afghanistan zurückzog. Dies geschah unter erniedrigenden Begleitumständen und indem „zufällig“ Waffen im Wert von über 80 Milliarden Dollar in die Hände der Taliban gerieten. Bemerkenswert ist, dass sich die siegreichen Radikalislamisten seither als Großmacht betrachten und den Schlachtruf in Umlauf gebracht haben, „nach Kabul kommt Rom.“

Die westlichen Mainstream-Medien haben diese Warnung wie schon alle vorausgegangenen Anzeichen für eine Fehlentwicklung im Verhältnis zwischen den beiden Kulturkreisen nicht an die Bürger weitergetragen. Der faktisch eingetretene Zusammenbruch des internationalen Sicherheistgefüges hat seither zwei Kriegen den Weg geebnet, welche beide für sich das Expansionspotenzial zum Weltkrieg haben. Hinzu kommen die Spannungen zwischen China und Taiwan, ein Brennpunkt Jemen und die sich abzeichnende Gefahr von Bürgerkriegen in Europa und den USA.

Während die inneren Spannungen in Europa vornehmlich dem Migrationsthema entspringen, spielt in den USA (neben den Schikanen, denen Trump ausgesetzt ist) der wachsende Antisemitismus die Hauptrolle, der seinerseits mit dem 5. Nahostkrieg seit dem 07. Oktober 2023 zusammenhängt.

Daher entscheidet sich im Nahostkonflikt zugleich das Schicksal der freiheitlichen Zivilisation. Linke und Konservative streben sehr verschiedene Auswege aus dem Dauerstreit um Palästina an – die aber im Wirkungsbereich des gegenwärtigen „moralischen“ Ambientes westlicher Organisationen und Medien beide keine Erfolgschance haben. Ohne gründliche Kurskorrektur geht es daher fast zwingend in die maximale Eskalation.

Der konservative Ansatz besteht im systematischen Militäreinsatz gegen die Hamas. Die dabei geübte Härte ist moralisch durch die Brutalität und absolute Unversöhnlichkeit der radikalen Organisation gerechtfertigt, deren Original-Charta von 1988 die Tötung von Juden und die Vernichtung Israels als Ziele benennt und Verhandlungen als Verrat ablehnt. (Das mildere Papier von 2017 hat die Charta nicht wie behauptet abgelöst.) Irakkrieg und Afghanistaneinsatz haben jedoch gezeigt, dass Terrorismus nicht allein mit militärischen Mitteln abgestellt werden kann. Beseitigte Hamas-Führer werden ohne Zusatzmaßnahmen durch radikalisierte Nachrücker ersetzt und weitere Gruppierungen und voraussichtlich Staaten treten als Kriegsparteien in den Konflikt mit ein.

Der linke Ansatz setzt auf sofortigen Waffenstillstand und Verhandlungen. Die Chancen auf eine Dauerlösung bleiben jedoch auch nach fast völliger Zerstörung der Hamas-Kampfkraft verschwindend gering. Denn wie bei anderen Islamisten besteht auch bei Hamas eine Haupt-Strategie in der Opferung eigener Leute, u. a. durch Positionierung militärischer Stellungen in Schulen, Kliniken, Moscheen und in öffentlicher Infrastruktur. Weiterhin setzt man auf fortgesetztes wachsweiches Appeasement des Westens, welcher Flüchtlinge aufnimmt, Hilfsgüter schickt, spendet und statt der Hamas Israel unter Druck setzt. 

In diesem auf die britsche Mandatszeit (1922-1948) zurückgehenden Appeasement liegt das eigentliche, fatale Friedenshindernis. Hamas-Führer machen kein Hehl aus ihrem Interesse an palästinensichen Opfern, denn je größer die kollateralen Gebäudezerstörungen und je größer die Opferzahlen ausfallen, umso mehr schlagen sich westliche Medien auf die Seite der Palästinenser. Die – nachweislich propagandistisch überhöhten - Angaben der Gaza-Hamas-Behörden werden meistens kritiklos weitergetragen. 

Zweifellos leisten bestimmte Abschnitte und Auslegungen des Islam dem Märtyrertum und der Opferung  Vorschub. Doch haben 75 Jahren Betreuung palästinensischer Flüchtlinge durch die UNO-Unterorganisation UNRWA diese Neigung erst zur vollen Entfaltung gebracht. Einer der Einflüsse besteht in antiisraelischer und antsemitischer Hetzpropaganda, die bereits im Schulunterricht (oder Kindergarten) beginnt, der andere in einer Entfremdung der Bewohner von selbstverantwortlicher Daseinsvorsorge. Indem die UNRWA-Betreuung nur das Nötigste zur Verfügung stellt, wird in Verbindung mit der Propagandaberieselung im Schulunterricht und durch die Hamas eine Opfermentalität kultiviert, in welcher sich die Menschen ungerecht behandelt fühlen – und die Schuld an ihrer Lebenslage fälschlich Israel zuweisen. Dieses mentale Chaos ist durch Einflüsse aus dem Westen angerichtet worden und muss auch dort korrigiert werden:

  1. ndem es die Hamas war, von der die Aggression ausging, hat diese es ebenso in der Hand, die Aggression zu beenden, indem sie das Feuer unter Ankündigung einstellt. - Internationale Aufrufe, die nicht an diese Adresse gehen, sondern an Israel, outen sich als scheinheilig, indem sie verhindern, das Problem an der Wurzel zu lösen.
  2. Schon immer hatten Zivilisten die Folgen zu tragen, wenn ihre Regierungen Kriege begonnen oder provoziert hatten. Das gilt umso mehr, wenn sie im engen Einverständnis mit den Handlungen der Militaristen stehen. Kürzliche Untersuchungen haben ergeben, dass 57 % der (persönlich betroffenen) Bewohner Gazas und 82 % der (nicht selbst betroffenen) Palästinenser der West Bank den brutalen Angriff der Hamas vom 07. Oktober gutheißen. Referenz https://apnews.com/article/israel-hamas-palestinians-opinion-poll-wartime-views-. Krieg ist für alle schrecklich, aber es ist unmoralisch, Opfer auf Seiten der Friedensbrecher ebenso zu beklagen wie auf Seiten der Angegriffen. 
  3. Die in Jahrzehnten angewachsene, einseitige, für die wahre Geschichte Palästinas blinde Parteilichkeit gegen Israel durch westliche Medien und Zehntausende von Organisationen einschließlich Unterorganisationen der UNO gibt Anlass für eine große Revision des steuerbefreiten Status dieser angeblich gemeinnützigen Körperschaften. Wer Antisemitismus durch die Hintertür eines Antizionismus als gemeinnützig reklamiert, hat nichts aus der Geschichte gelernt und beschädigt universelle Werte.
  4. Von den westlichen Regierungen kann erwartet werden, dass diese zusammen mit der israelischen eine Resolution verabschieden, welche an die Presse, die genannten Organisationen sowie an deren Haupt-Sponsoren gerichtet ist.
  5. In dieser Resolution ist die Rechtsposition Israels klar darzulegen – als Grundlage für die zusammenfassenden Feststellungen, dass …

    5.1 das Existenzrecht Israels unzweifelhaft ist und für alle Zeiten unwiderrufbar.

    5.2 für die Palästinenser bereits 1948 das von Azzam Pasha billigend in Kauf genommene Risiko eingetreten ist, Palästina zu verlieren. 

    5.3 dieser Verlust in drei weiteren Auflehnungen 1956, 1967 und 1973 bestätigt wurde. 

    5.4 die arabischen Bewohner Palästinas jedoch erst infolge eines grotesken Appeasements westlicher Kräfte in die Auflehnungshaltung geraten sind. Bei diesen handelte es sich um Großbrtannien bis 1948 und seither um die UNO sowie die besagten steuerbefreiten Organisationen und einen Teil der Medien. 

    5.5 die gesamte Gaza-Bevölkerung und insbesondere Hamas-Angehörige und UNRWA-Lehrkräfte Maßnahmen auf psychologischer und aufklärerischer Ebene zu unterziehen sind, vergleichbar der Entnazifizierung in Nachkriegsdeutschland.

  6. Zum Schutz der israelischen Zivilbevölkerung sollte ein etwa 2 km breiter Streifen entlang der gesamten gemeinsamen Grenze zum unbewohnten Sicherheitsstreifen erklärt werden. Sollten innerhalb einer bestimmten Zeit keine erneuten Angriffe mehr erfolgen, kann der Streifen schrittweise zurückgegeben werden (Das Prinzip langfristiger Belohnung nach Respekt schaffender Schockstrafe hatte sich auch im Sinai gegenüber Ägypten bewährt).
  7. Für die Sicherheit innerhalb Gazas und die Fernhaltung militanter Kräfte von politischem Einfluss sollte die UNO sorgen, die sehr viel Schuld an der verfahrenen Lage abzutragen hat. Namentlich sollte dieser die Aufgabe zukommen, die Bewohner in jeder Hinsicht auf einen Kurs der Selbstverantwortung zu führen – u. a. in demokratischer, sicherheitspolitischer, ökologischer und ökonomischer. Dazu gehört, dass Leistungsanreize geboten werden.
  8. Ähnliche Reformen sollten auch in Judäa und Samaria ansetzen, allerdings ohne die UNO. Die Palästinensische Autonomiebehörde hat ihre Unfähigkeit bewiesen.
  9. Die Gemengelage von jüdischen Siedlungen und arabischem Siedlungsland ist durch eine klare und endgültige Grenzregelung zu ersetzen.
  10. Nachdem die Demokratisierung u. a. in Afghanistan, im Irak und in Libyen namentlich an der Korruptheit der Politiker gescheitert ist, sind fortgeschrittene demokratische Verfahren der Kandidatenauswahl zu entwickeln, die gewährleisten, dass ausschließlich verantwortungsbewusste Idealisten Zutritt zur politischen Arena erhalten – eine auch im Westen höchst angebrachte Initiative.