Die derzeitige harte britische Politik gegenüber Israel steht zu 100 % im Einklang mit der sabotierenden Handhabung des Projekts einer jüdischen Heimat in Palästina während des britischen Mandats, das den Mandatsvertrag mit dem Völkerbund von 1922 verletzt hat. Während die Präambel dieses Vertrags Seine Britische Majestät zum Mandatsherrn Palästinas erklärt, heißt es in Artikel 2: „Der Mandatsträger ist dafür verantwortlich, im Land solche politischen, administrativen und wirtschaftlichen Bedingungen zu schaffen, die die Errichtung einer nationalen Heimstätte für Juden sicherstellen.“
Heute, 102 Jahre später und mitten im fünften Nahostkrieg, klingt das Wort „sicher“ zynisch. Es ist offensichtlich, dass der Mandatsträger das Mandatsabkommen nicht nur in einigen Details, sondern in seiner Gesamtheit nicht erfüllt hat.
Fehler und Fehleinschätzungen kommen vor, das liegt in der menschlichen Natur. Aber was das "Management“ des jüdischen Heimatprojekts durch die britische Mandatsmacht bis 1948 kennzeichnete, war nichts dergleichen. Während Artikel 6 des Vertrags ausdrücklich die Förderung jüdischer Einwanderung und Landkäufe fordert, wurde das Gegenteil praktiziert. Unter anderem brachten die Weißbücher von 1930 und 1939 harte Einschränkungen. Der angebliche Mangel an wirtschaftlicher Kapazität war ein Vorwand, denn jüdische Siedler schufen tatsächlich Kapazitäten, indem sie die Lebensbedingungen verbesserten und Arbeitsplätze bereitstellten. Im Widerspruch dazu förderten die britischen Behörden sogar die arabische Einwanderung, indem sie Arbeiter aus Nachbarländern für Infrastrukturprojekte einstellten.
Natürlich litten die arabisch-jüdischen Beziehungen unter diesem Mangel an einer aufrichtig zielgerichteten Strategie. Die Wiedererrichtung der historischen jüdischen Heimat hätte psychologisches Verständnis und entschlossenes Handeln seitens der Mandatsmacht erfordert. Insbesondere mussten die Araber durch zwei Erklärungen beruhigt werden.
Erstens musste die jüdische Souveränität über Palästina als gerechte Kompensation für die Befreiung der arabischen Länder von 400 Jahren türkisch-osmanischer Herrschaft erklärt werden. Zweitens hätte die Verkleinerung des Mandatsgebiets von 116.000 km² im Jahr 1921 durch die Übergabe Transjordaniens (89.000 km²) an die Haschemiten-Dynastie als autonomes Emirat nur unter einer klaren Bedingung umgesetzt werden dürfen: Transjordanien musste als der ausschließlich arabische Teil Palästinas und als Heimat für all jene angesehen werden, die nicht unter jüdischer Souveränität leben wollten. Und dementsprechend musste diese künftige jüdische Souveränität über die verbleibenden 27.000 Quadratkilometer unwiderruflich zu einem der Ergebnisse des Ersten Weltkrieges erklärt werden.
Als Hauptgewinner des Krieges hatte Großbritannien nicht nur das Privileg, eine neue regionale Ordnung zu etablieren, sondern auch die moralische Verantwortung für deren Stabilität. Während jedoch die Etablierung des jüdischen Heimatlandes nur zögerlich fortschritt, wurden die arabischen Angelegenheiten vorangetrieben. Ägypten erlangte seine Unabhängigkeit bereits Anfang 1922, noch Monate vor dem Mandatsvertrag für Palästina. Transjordanien erhielt seine Unabhängigkeit 1946. Der entsprechende Vertrag von London beinhaltete militärische Hilfe und die Gründung der von Großbritannien ausgebildeten und geführten Arabischen Legion. Diese Truppe wurde 1948 auf 10.000 Mann aufgestockt und spielte eine erhebliche Rolle im Krieg gegen die jüdischen Siedler.1)
Die korrekte Rolle des Mandatsträgers hätte darin bestanden, zwischen Arabern und Juden Harmonie herzustellen. Statt Transjordanien zu bewaffnen, hätte der Londoner Vertrag von 1946 eine Vorbedingung für die Unabhängigkeit setzen müssen – die friedliche Koexistenz mit dem jüdischen Heimatland als ihrem Nachbarn.
Dieselbe Vorbedingung hätte bereits 1922 für die ägyptische Unabhängigkeit gelten müssen. Stattdessen hat der britische MI6 die ägyptische Regierung 1947 aufgefordert, sich auf einen Krieg gegen das zukünftige Israel vorzubereiten.2) Dies war aber nur ein Teil der CPA (=covert political action) des Geheimdienstes, der auch substanzielle Unterstützung der arabischen Seite wie Beschaffung von Waffen umfasste. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt das erschreckende Ausmaß an Unaufrichtigkeit und Untreue gegenüber der britischen Nation und Regierung, die in den Intrigen, versteckten Machenschaften und Hinterhältigkeiten des Geheimdienstes zum Ausdruck kommt.2)
Ein ebenso weitreichender britischer Verstoß gegen den Geist des Mandatsvertrags von 1922 war die Ernennung des verurteilten Rebellen Amin al-Husseini zum Großmufti. Die unverantwortliche Entscheidung verschlechterte das jüdisch-arabische Verhältnis, da sich dieser Extremist als Aufwiegler und Förderer des arabischen Terrorismus erwies. Zwei Jahrzehnte später verbrachte al-Husseini die letzten Jahre des Zweiten Weltkriegs in Berlin, wo er die Nazis zu ihren Völkermordverbrechen ermutigte.
Der Mandatsvertrag von 1922 ist noch immer gültig und nicht vom UN-Teilungsplan vom November 1947 abgelöst worden, wie oft falsch behauptet wird. Der Teilungsplan ist nie in Kraft getreten, weil die palästinensischen Araber ihn in einem Referendum abgelehnt haben. Ohne Zustimmung beider Parteien aber hatte die UNO kein Recht, diesen den Teilungsplan von 1947 aufzuzwingen. Dagegen ist der Fortbestand des Mandatsvertrages von 1922 ausdrücklich durch die UN-Charta von 1945 geschützt, deren Präambel verspricht, „… Bedingungen zu schaffen, unter denen Gerechtigkeit und Achtung vor den Verpflichtungen aus Verträgen und anderen Quellen des Völkerrechts gewahrt werden können, …“
Spätestens mit dem militärischen Angriff auf den rechtmäßig gegründeten Staat Israel im Mai 1948 ist jede etwaige Gültigkeit des UN-Teilungsplans erloschen. Seine Ungültigkeit wird sogar durch eine Vorankündigung der Gewalt vorweggenommen. Denn bereits im Vorfeld des Teilungsplans vom November 1947 hatte Azzam Pasha, der Vorsitzende der Arabischen Liga, erklärt: “ Nations never concede; they fight… It may be that we shall lose Palestine. But it’s too late to talk of peaceful solutions.” – „Nationen machen niemals Zugeständnisse; sie kämpfen… Es mag sein, dass wir Palästina verlieren. Aber es ist zu spät, über friedliche Lösungen zu reden.“3)
Die Araber haben Palästina 1948 verloren, ein zweites Mal 1956, ein drittes Mal 1967 und ein viertes Mal 1973. – Es ist an der Zeit zu fragen, wer Israel immer wieder um sein Recht betrogen hat, eine stabile, Sicherheit garantierende Ordnung herzustellen -und ebenso Zeit, zur Verantwortung zu rufen.
Der Mandatsvertrag von 1922 hat auch trotz des British Palestine Act vom 29. April 1948 und einer entsprechenden Erklärung des Royal Stationery Office seine Gültigkeit behalten: „Die Regierung Seiner Majestät im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland wird ab Mitternacht des 14. Mai 1948 nicht mehr für die Verwaltung Palästinas verantwortlich sein.“4)
In Artikel 28 des Mandatsvertrages wird abschließend die Möglichkeit der Beendigung des Mandats genannt, jedoch nur im Kontext mit dem Völkerbund als dem aktiven Part, der das Mandat gewährt hat - und auch wieder entziehen kann. Ein Recht auf einseitige Kündigung durch den Mandatsnehmer ist nicht vorgesehen. Der Vertrag kann folglich erst mit der Erfüllung seiner Verpflichtungen enden, was bis heute nicht geschehen ist.
Konsequenzen:
Großbritannien ist nach wie vor für die Errichtung des jüdischen Heimatlandes gemäß dem Mandatsvertrag verantwortlich. Die einseitige Erklärung vom April 1948, diesen Vertrag aufzukündigen, hat keine Rechtsrelevanz, solange die Verpflichtungen aus dem Vertrag nicht erfüllt sind.
Daher soll Großbritannien aufgefordert werden, ...
1. geeignete Mittel einzusetzen, um Terrorismus und Angriffe auf Israel zu beenden, insbesondere im Hinblick auf solche Gewalt, deren Wurzeln in Jordanien, dem Gazastreifen und dem Westjordanland als Teilen des historischen Mandatsgebiets liegen.
2. die palästinensische Bevölkerung in Richtung Wohlstand, Demokratie und ein Leben in Harmonie mit Israel als Nachbarn zu entwickeln.
Wie Großbritannien muss auch die UNO für die Absurdität des anhaltenden Nahostkonflikts zur Rechenschaft gezogen werden. Seit 1948 erfolgen die häufigen Interventionen der Weltorganisation in diesen Konflikt auf höchst unfaire Weise, wobei sie nachweislich gegen die Prinzipien ihrer eigenen Charta verstoßen5) und zur Aufrechterhaltung der Gewalt bis zum heutigen Tag beitragen.
Referenzen
1) https://www.commentary.org/articles/efraim-karsh/were-the-palestinians-expelled/
2) Mair Zamir, The role of MI6 in Egypt’s decision to go to war against Israel in May 1948, in Intelligence & National Security, May 2019
3) https://israeled.org//resources/documents/abdulrahman-azzam-pasha-rejects-compromise-zionists/
4) https://ismi.emory.edu/resources/primary-source-docs/1948%20-%20PALESTINE-HMG%20termination%20of%20Mandate%201948.pdf
5) https://www.frieden-freiheit-fairness.com/index.php/buch/kapitel/die-inszenierte-nahost-tragoedie